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Litvinenko-Ermordung: Wikileaks-Enthüllungen be- und entlasten Putin

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Die Ermordung des ehemaligen KGB-Agenten Alexandar Litvinenko im Jahr 2006 ist immer noch ein Rätsel. Die kürzlich veröffentlichten Botschaftsdepeschen der USA durch die Plattform Wikileaks enthalten diverse Erwähnungen des Vorfalls. Eine Depesche vom 1. Dezember 2006 aus Moskau von US-Botschafter William J. Burns führt beispielsweise verschiedene Theorien aus die nach der Ermordung in den russischen Medien zirkulierten. Der Mord wurde unter anderem auch bei einem Treffen zwischen ranghohen amerikanischen und französischen Funktionären besprochen. Die UK Daily Mail berichtete:

„Eine Anmerkung durch den US-Vizeaußenminister Daniel Fried aus einer neuen Sammlung an diplomatischen Depeschen, die vergangenen Abend veröffentlicht wurden, legt nahe dass Mr. Putin fast garantiert von dem Attentat gewusst hatte.“

„Die Depeschen waren nur ein Teil von einer Ansammlung neuer Dokumente die vergangenen Abend veröffentlicht wurden und Russland als korrupten Staat porträtieren, wo Regierungsfunktionäre, Oligarchen und Gangster Hand in Hand arbeiten um einen Mafiastaat zu erschaffen.“

Der Russland-Experte Torsten Mann schrieb:

„Der BND bestätigte inzwischen sogar, dass die Zusammenarbeit zwischen Geheimdienst und Mafia mit ausdrücklicher Unterstützung durch die russische Regierung stattfindet.“

Mann schreibt unter Verweis auf den deutschen Mafia-Kenner Jürgen Roth:

„Zahlreiche in der Sowjetunion inhaftierte Kriminelle bekamen vom KGB zu Beginn der 1980er Jahre das Angebot zur Kollaboration, womit die Grundlage für das plötzliche Auftauchen der Russenmafia geschaffen wurde. Jürgen Roth schreibt: ‚Tatsache ist, dass der KGB Anfang der achtziger Jahre viele hochkarätige Kriminelle rekrutiert hatte, die später als Mafiabosse, zum Beispiel in Moskau und Litauen, Berühmtheit erlangten. Einige von ihnen haben sogar Banken und Ölfirmen in den neunziger Jahren übernommen. Das Startgeld kam vom KGB.“

Der 43-jährige Ex-KGB-Agent Alexandar Litvinenko verstarb in der Nacht des 23. November 2006 am University College Hospital in London, nachdem er anscheined durch das radioaktive Element Polonium-210 vergiftet worden war. Er fühlte sich krank am 1. November nach einem Treffen mit zwei russischen Männern in einem Londoner Hotel, einer davon ein ehemaliger KGB-Offizier. Er traf in einer Sushi-Bar auch Mario Scaramella, einen italienischen Sicherheitsberater und soll dort Dokumente erhalten haben über den Tod der russischen Journalistin Anna Politkovskaya. Litvinenkos Tod wurde von britischen Ermittlern als Mord behandelt. Der Agent, der aus dem Militär in den KGB rekrutiert worden war, machte Schlagzeilen als er öffentlich seinen  Vorgesetzten vorwarf, ihn beauftragt zu haben mit der Ermordung des russsischen Oligarchen und Milliardärs im Exil Boris Berezovsky. Er wurde des Amtsmissbrauchs beschuldigt und verbrachte neun Monate im Gefängnis. Er floh nach Großbritannien im Jahr 2000 und erhielt politisches Asyl. Auf Grund seiner harten Kritik an dem russischen Präsidenten Vladimir Putin sind einige Analysten der Ansicht, dass er von einer Neuauflage des Smersch ermordet wurde. 1943 ließ Josef Stalin eine neue militärische Spionageabwehr erschaffen unter dem Namen Smersch oder Smyert Schpionam – Tod den Spionen. Der Zweck war die Entführung oder Ermordung von prominenten Russen im Ausland die als Feinde und Verräter betrachtet wurden. Eines der prominentesten Opfer war Leon Trotzky. Die Liste weiterer Zielpersonen ist lang, einige Beispiele sind:

  • Georgi Markov, ein bulgarischer Dissident, starb 1978. Man stach ihm in London mit einem gift-präparierten Regenschirm ins Bein.
  • Ivan Kivelidi, ein russischer Banker, starb zusammen mit seiner Sekretärin 1995 an einem mit Gift behandelten Telefon.
  • Yuri Shchekochikhin, ein gegen Korruption schreiber Journalist, starb 2003 und auch hier wurde Gift vermutet.
  • Anna Politkovskaya, Journalistin und Kremlin-Kritikerin, erkrankte 2004 während eines Fluges von Moskau aus. Sie tippte auf Gift und wurde schließlich im Oktober 2006 erschossen.
  • 2004 wurde Victor Yuschenko, der ukrainische Präsidentschaftskandidat, während dem Wahlkampf mit Dioxin vergiftet. Er überlebte entstellt.

Das zentrale Handwerkszeug des Smersch ist Gift sowie diverse Möglichkeiten der Verabreichung wie Pfeile, Zigaretten und Inhalatoren für Asthmatiker.

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Analysten glauben dass Litvinenkos Überlaufen nach Großbritannien und die Vorwürfe gegen seinen früheren Geheimdienst ihn zum Ziel machten. Sein Verrat sollte geahndet werden und die ganze Welt sollte es sehen. Litvinenko hatte das Buch Blowing up Russia: Terror from Within geschrieben, in dem er die Vorwürfe ausführte, FSB-Agenten und nicht tschetschenische Rebellen hätten die Bombenanschläge gegen russische Appartment-Gebäude 1999 verübt. Laut ihm sollten mit den Anschlägen unter falscher Flagge öffentliche Unterstützung für einen Angriff gegen Tschetschenien generiert und Putin Wahlsiege beschert werden.

„Ein weiterer geplanter Anschlag in Ryazan konnte von einem aufmerksamen Hausbewohner verhindert werden, der verdächtige Männer dabei beobachtete, wie sie Säccke in den Keller eines mehrgeschossigen Wohnblocks brachten und dort verstauten. Eine Untersuchung der Säcke durch die herbeigerufene lokale Polizei ergab, dass diese mit dem militärischen Sprengstoff Hexogen gefüllt und mit einem Zeitzünder versehen waren. Eine von den örtlichen Behörden sofort eingeleitete Suche nach den verdächtigen Personen blieb zunächst ergebnislos, jedoch protokollierte die örtliche Telefonzentrale kurz darauf ein Telefongespräch, bei dem eine nervöse Stimme Anweisungen von ihren Vorgesetzten mit dem Hinweis erbat, dass die Bahnhöfe der Stadt kontrolliert würden und dass es gefährlich sei, sich aus der Stadt abzusetzen. Die Verbindung konnte zum russischen Sicherheitsdienst nach Moskau zurückverfolgt werden. Die verdächtigen Männer wurden bald darauf gefasst und gaben sich als Mitarbeiter des FSB zu erkennen.“

Es folgte eine großangelegte Vertuschung von Seiten der Regierung mit der für Anschläge unter falscher Flagge so typischen Behauptung, es habe sich nur um einen Drill, also eine Übung gehalten.

Manche nennen die Ermordung Litvinenkos eine Warnung an russische Exilanten. Der Agent beschuldigte kurz vor seinem letzten Atemzug Putin:

„Du konntest vielleicht einen Mann zum Schweigen bringen. Aber ein Proteststurm auf der ganzen Welt wird für den Rest deines Lebens in deinen Ohren wie ein Echo zu hören sein, Mr. Putin. Möge Gott dir vergeben für das was du getan hast, nicht nur mir angetan hast sondern auch dem geliebten Russland und den Menschen.“

Putin nannte die Vorwürfe um den Tod des Ex-Spions eine politische Provokation gegen Russland und ein Kremlin-Sprecher fand Worte wie „absurd“ sowie „Nonsens“. Russland-Kenner bestätigten Putins hohen Status im russischen Machtgefüge:

„Fest steht dass Putins Familie seit Beginn der kommunistischen Herrschaft in Russland eng mit der bolschewistischen Führungselite verbunden war, was ihn, wie er sich selbst im Kreis von Freunden und Kollegen selbst bezeichnet, zu einem’typischen Vertreter der Roten Aristokratie macht‘.“

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Putin schien auf jeden Fall genug Anlass gehabt zu haben um Litvinenkos Tod zu begrüßen. Dessen Job beim FSB war die Bekämpfung von Korruption; er äußerte die Vorwürfe dass ranghohe Bamte in seinem Büro Hand in Hand mit dem organisierten Verbrechen arbeiteten. Sobald er versucht hatte, Putin zu informieren, sei er gefeuert worden. In einem Artikel schrieb er darüberhinaus, dass der Präsident persönlich mindestens an einer Vertuschung beteiligt wäre von organisiertem Verbrechen in Russland und Europa. Dem Kremlin warf er vor, die Ermordung der Journalistin Anna Politkovskaya organisiert zu haben; kurz vor seinem Tod untersuchte er noch das Attentat. Politkovskaya war eine der vehementesten Kritiker der russischen Vorgehensweise in Tschetschenien und man fand sie erschossen in ihrer Moskauer Wohnung am 7. Oktober 2006. In einem Artikel vom 5. Juli 2006 auf Chechenpress beschuldigte er Präsident Putin auch noch der Pädophilie.

Solche Vorwürfe gegen Staatsoberhäupter sind nichts Neues: Der Vietnam-Veteran und ehemalige Senator John DeCamp schrieb auf Anraten seines Freundes und ehemaligen CIA-Direktors Bill Colby ein Buch über seine Recherchen hinsichtlich des Skandals über ein elitäres Netzwerk aus mächtigen Pädophilen in den USA.

“Ich, John DeCamp der dieses Buch geschrieben habe, war der erfolgreichste Stimmensammler unter den Delegierten für George [H.W.] Bush, den berühmten Präsidenten. […] Ich hatte keine Ahnung, dass diese Dinge zu der Zeit abliefen. Ich war auch eingeladen zu der größten Party die es jemals bei einem Bundesparteitag gab. Die Party beim Bundesparteitag 1984 wurde organisiert von Larry King bei der Southport Ranch in Dallas. Ich war dort. Als ich später Paul Bonacci im Gefängnis interviewte, wusste ich sofort dass er die Wahrheit sagte als begann diese Party und den Parteitag zu beschreiben, besser als ich es gekonnt hätte.“

Die britischen Ermittler glaubten, dass Litvinenko von den Russen an verschiedene Orte gelockt und ermordet worden war. Dieser Umweg sollte die hohen Beamten im Kremlin abschirmen. Quellen im Kremlin und die russischen Neokonservativen vertreten hingegen die These, der russische Milliardär Boris Berezovsky, ein weiterer vehementer Kritiker Putins, sei der Verantwortliche. Er hatte Litvinenkos Aufenthalt in Großbritannien und dessen Buch über Bombenanschläge unter falscher Flagge finanziert. Litvinenkos langsamer Tod, der in den Medien große Beachtung fand, sollte Berezovsky die nötige Anti-Putin-Propaganda liefern. Der Hintergrund der Oligarchen ist ebenfalls ein anderer als das übliche Bild der Glücksritter:

„Parallel zur Rekrutierung von Kriminellen wurden damals, wie der Soviet Analyst berichtet, auch meist junge KGB- und GRU-Agenten speziell für die Konservierung der sowjetischen Wirtschaft unter der Kontrolle der Geheimdienste vorbereitet. Angehende Agenten seien damals buchstäblich von ihren Vorgesetzten gefragt worden, ob sie Lust hätten Milliardär zu werden, und nicht wenige von ihnen sollten später zu den Oligarchen werden, die Jelzins Russland prägten.“

Manche von diesen Oligarchen könnten sich später durchaus irgendwann gegen Putin und die russischen Dienste positioniert haben.

Eines der wichtigsten strategischen Ziele Russlands laut dem Überläufer Anatoliy Golitsyn sei die Erschaffung einer EUdSSR „vom Atlantik bis zum Ural“.

AlexBenesch
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