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Das Wikileaks-Medienorchester: Wer summt mit?

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Wie lautet die alte Weisheit? Wenn das Orchester erst richtig laut spielt und alles andere übertönt, mögen manche nichts anderes mehr tun als mitzusummen.

Für einige ist es quasi der Ritterschlag: Julian Assange befindet sich nun vorerst in Haft und eine der beiden Damen hinter der wirren und undurchsichtigen Vergewaltungungsanzeige soll Verbindungen zur CIA besitzen. War es für  Gegner des Vietnamkriegs in den Siebzigern während dem Daniel Ellsberg-Schwindel, orchestriert von Leslie Gelb und Morton Halperin aus dem Rat für auswärtige Beziehungen, völlig selbstverständlich den jungen Mann von der RAND Corporation zu feiern obwohl jener mit dem Lancieren der Pentagon-Papiere die CIA entlastet, Kennedy dämonisiert und Vietnam auf die Army geschoben hatte, gehört es heute zum guten Ton bei Gegnern der heutigen US-Kriege, irgendwo einen Wikileaks-Mirror zu installieren. Schließlich muss ja die abstruse und durchsichtige Propaganda des US-Außenministeriums und der CIA in Form der Depeschen an den Mann gebracht werden. Google News listet tausende dramatische Meldungen über die unzähligen fiesen Angriffe gegen Wikileaks die wie ein Trommelfeuer wirken, aber niemand scheint die offensichtlichste Frage zu stellen:

Warum nochmal genau ließ sich die US-Administration Monate oder sogar Jahre Zeit damit, die Infrastruktur von Wikileaks zu torpedieren? Allerspätestens nach der Verhaftung der Quelle Bradley Manning mussten die US-Behörden informiert gewesen sein über den Diebstahl der Depeschen und anderen Materials vom militärischen SIPR-Netzwerk. Warum rief das US-Außenministerium nicht bereits Anfang 2008 nach durchgesickerten Militärberichten Paypal, VISA, Mastercard, Amazon und ähnliche Firmen an und forderte, keine Transaktionen mehr für Wikileaks durchzuführen? Unternehmen haben keine Rechtssicherheit wenn es um Projekte wie Wikileaks geht. Heise berichtete:

„Handelt es sich bei der Veröffentlichung von teilweise geheimen Dokumenten durch Wikileaks um Urheber- und Persönlichkeitsverletzungen oder nicht? Hetzner sieht zumindest eine „rechtliche Grauzone“ und zitiert den Rechtsberater des Unternehmens, Dr. Sven Müller-Grune: „Vollkommen ungeklärt ist bisher, ob Wikileaks beziehungsweise die dahinter stehenden Personen durch die Informationsbeschaffung ebenso wie durch die Verbreitung dieser Informationen strafbare Handlungen begangen haben. Diese Strafbarkeit könnte sich auch auf diejenigen Personen erstrecken, welche die Inhalte wissentlich verbreiten.“ Zahlreiche der von Wikileaks zur Verfügung gestellten Materialien enthielten private Informationen und Ansichten, wodurch „massiv Persönlichkeitsrechte verletzt“ würden, führt Hetzners Rechtsberater weiter aus.

Großkonzerne wie VISA und Mastercard sind sowieso bereits schwer eingebunden in den Regierungsapparat und kooperieren ständig mit verfassungswidrigen Gesetzen zur Terrorbekämpfung. Ein paar Anrufe und die Sache wäre wohl erledigt gewesen. Ob wir irgendwann in einem „geleakten“ Kabel lesen, warum Hillary Clintons Büro den Hörer nicht abnehmen und wählen konnte? Stattdessen entschloss sich die ach so besorgte US-Regierung vor einigen Monaten bereits, mit den geheimdienst-nahen Zeitungen New York Times (CIA, DIA etc.), dem London Guardian (der „linke Arm des MI6“) und dem SPIEGEL (BND) sowie Wikileaks zu verhandeln, wie man die Daten zu exorbitanten  Titelstories machen und somit Julian Assange in kürzester Zeit in eine Weltberühmtheit verwandeln könnte. Assanges Material, wie jedem ersichtlich ist der sich tatsächlich die Mühe gemacht hat die New York Times, den Guardian und den SPIEGEL zu lesen, spielte dem militärisch-industriellen Komplex in die Hände mit krassen Angriffen gegen praktisch alle ausländischen Staatsfunktionäre, die auf der Abschussliste der CIA und des Außenministeriums standen während die harmlosen Skandale die NATO/Echelon-Staaten trafen. Die Systempresse verkündete natürlich ringsum den Super-GAU für die US-Regierung und dass man im Pentagon „vor Wut schäumen würde“ (O-Ton Bildzeitung). Das reichte leider um Assange Glaubwürdigkeit zu verleihen und hunderttausende, wenn nicht gar Millionen hart verdiente Dollars von Spendern mit guten Absichten weltweit flossen Monate lang völlig ungehindert. Jetzt auf einmal, nach der seit Monaten mit der US-Regierung und den Mockingbird-Medien koordinierten Veröffentlichung der US-Depeschen, sehen wir auf einmal wie sich Konzerne wie PayPal ringsum plötzlich erinnern, dass sie allgemeine Geschäftsbedingungen haben.

Wikileaks nutzte beispielsweise ausgerechnet Amazon’s EC2 cloud-based data-storage service in Amerika und die Firma tat vergangenen Mittwoch das Offensichtliche: Man beendete das Hosting unter Verweis auf die AGBs. Voilá, kostenlose PR für Wikileaks. Am Donnerstag darauf löste der Domain-Name-Service-Provider namens EveryDNS die Domain WikiLeaks.org nicht mehr auf, da man diversen Hackerattacken nicht gewachsen war, die anscheinend von Hackern ausgingen die die US-Regierung aus welchen Gründen auch immer sehr wertschätzen. Das Bild der fröhlich-einigen Hacker-Welt ist so falsch wie der Akademiker-Titel von einer „Moffett-Universität“ mit dem sich Assange früher noch schmückte. So einige Hacker meinen tatsächlich, wie die US-Regierung behauptet, Assanges Veröffentlichungen seien eine Gefahr für die nationale Sicherheit des Landes. Wenn diese Leute das Keyboard beiseite schieben und die Serie Star Trek im Hintergrund leise drehen (Babylon 5 ist sowieso cleverer) würden, könnten sie vielleicht das Mysterium ergründen worin die Bedrohung bestehen soll, wenn in den Dokumenten nichts anderes drinsteht als der gleiche Senf der vorher in den Zeitungen stand? Vor kurzem hieß es in den Schlagzeilen „Wikileaks veröffentlicht Liste mit Terrorzielen!“ Eigentlich war das Material alt, für Terroristen unbrauchbar und nicht wirklich geheim, aber hey: Mehr PR für Wikileaks! Der bis letzte Woche von Wikileaks genutzte Service EveryDNS ist kostenlos und wird durch Spenden am Leben gehalten. Wired Magazine hielt fest:

Es ist unklar weshalb Wikileaks sich für einen kostenlosen Provider entschieden hatte, und nicht für einen bulletproof DNS bezahlt hat der einem Angriff standhalten könnte.
Die Firma EveryDNS antwortete laut einem Statement auf ihrer Webseite, dass man Wikileaks am Mittwoch darauf hinwies dass man die Organisation in 24 Stunden fallenlassen müsse. Man versuchte Wikileaks zu kontaktieren über die Email-Adresse die zu dem Account gehörte sowie über Twitter und man besuchte sogar den verschlüsselten Chat Room der Gruppe um den Hinweis zu übermitteln. Dies hätte mehr als genug Zeit sein sollen damit Wikileaks ihren DNS wechselt. Nichtsdestotrotz konnten Besucher Donnerstag Abend nicht länger Wikileaks.org erreichen.

Noch mehr kostenlose Schlagzeilen! Anstatt die IP-Adresse über Twitter als Esatzlösung zu verteilen, postete man:

“WikiLeaks.org domain von US everydns.net abgewürgt nach behaupteten Massenangriffen
SPENDET AN UNS https://donations.datacell.com/”.

Man bewarb dann Wikileaks.ch als Alternativadresse, diese wurde jedoch auch wieder mit EveryDNS aufgelöst und war nicht mehr erreichbar. In kürzester Zeit hatte man ohne groß einen Finger zu rühren das Bild einer wilden Verfolgung geschaffen. Assange hat laut Medienberichten sogar ein schweizer Konto mit Falschangaben eröffnet, wonach er in der Schweiz wohne. Die Bank schließt das Konto unter Verweis auf die AGBs und Presto! Mehr PR.

Zum Schluss folgt hier die Checkliste mit der man garantiert auf jeden Betrüger hereinfällt:

  • Gibt er zu verstehen dass er ein „Rebell“ ist und „alternativ“? Check.
  • Hält die Mehrheit der Leute die generell ähnlich denken wie ich ihn für toll? Check.
  • Gibt es mir ein warmes optimistisches Gefühl ihm zuzujubeln und strahlt sein Glanz dabei auch etwas auf mich ab? Check.
  • Wird er „vom System“ verfolgt? Check.
AlexBenesch
AlexBenesch
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